Das Seitengangsyndrom

Heike und Lobo im Schulterherein auf 4 Hufspuren

Seitengänge dienen dem Geraderichten und sind kein reiner Selbstzweck.

Seitengänge kontra Geraderichten durch Vorwärtsreiten

Ich unterscheide die Reitlehren grundsätzlich in zwei Gruppen. Die einen versuchen ihre Pferde durch Vorwärtsreiten Geradezurichten und in Balance zu bringen und die anderen reiten frühzeitig Seitengänge zur Gymnastizierung und Geraderichtung.

Die erste Methode beruht darauf Geraderichtung durch Geradeausreiten mit der Arbeit ganze Bahn, Zirkel reiten und vielen Richtungswechseln erreichen zu wollen. Das Pferd soll die Oberlinie dehnen und an die Hand herantreten. Es wird als erstes an der Beugung der Oberlinie gearbeitet. Das mag ja auf den ersten Blick richtig erscheinen, funktioniert aber oft nicht so richtig, weil die Pferde erstens über Tempo gearbeitet werden, zweitens meistens erst dann nachgeben, wenn die Pferde müde sind von der ganzen Vorwärtsreiterei. Das ist für Pferd und Reiter schweißtreibend und ermüdend, wenn nicht sogar stupide Reiterei im Kreis.

Die zweite Methode, die ich bevorzuge ist die Arbeit auf vielen gebogenen Linien, Zirkeln und Volten und frühzeitig schon Seitengänge, die etwa ab einem Pferdealter von 4 Jahren begonnen werden, zuerst an der Hand und später unter dem Sattel. Diese Methode zielt darauf ab, Geraderichtung durch die Seitenbiegung und Seitenbeweglichkeit des Pferdes erreichen zu wollen. Die Beugung der Oberline ergibt sich dann durch die seitliche Biegung fast von selbst.

Kritiker bemängeln, dass sich die Pferde durch diese Methode irgendwann nicht mehr geradeausreiten lassen. Stimmt, das passiert, wenn das Pferd so beweglich geworden ist, dass man es jederzeit ins Geraderichten korrigieren kann. Ein häufig gemachter Fehler ist, dass der Reiter so begeistert Seitengänge reitet, weil er sie endlich einigermaßen verstanden hat, dass er vergisst zwischendurch auch wieder geradeaus auf großen gebogenen Linien zu reiten. Diesen Effekt bezeichne ich als Seitengangsyndrom. Das ist allerdings kein Fehler, sondern jetzt hat man die Beweglichkeit des Pferdes erreicht, die erst zum tatsächlichen Geraderichten führt. Leider verstehen das die wenigsten Reiter, weil sie oft über dieses Stadium nicht hinausblicken.

Der Unterschied
Der Unterschied zur ersten Methode ist, dass bei den Pferden, die sich durch die Seitengänge gleich gut zu beiden Seiten biegen lassen, die natürliche Schiefe des Pferdes korrigiert worden ist und man jetzt erst tatsächlich gerade Gerade reiten kann. Die hohe Beweglichkeit der Pferde ist kein Fehler, wie manch einer bemängelt, sondern ein Genuss für den fortgeschrittenen Reiter, da er jetzt das Pferd mit feinen Hilfen jederzeit ins Geraderichten korrigieren kann. Es geht also bei den Seitengängen nicht darum seitwärts zu reiten, sondern Steifigkeiten des Pferdes zu beseitigen. Sollte Ihr Pferd das Seitengangsyndrom zeigen, dann wird es Zeit öfters auch auf großen Linien mit vielen Richtungswechseln am Geraderichten zu arbeiten. Es sollte ein Grund zur Freude sein, dass man soweit schon gekommen ist, allerdings muß die Arbeit mit dem Pferd dann öfters im Geradeaus und weniger im seitwärts erfolgen.

Was bedeutet Geraderichten?
Wird das Pferd Schulterhereinartig schief, dann korrigiere ich mit den Hilfen des entgegengesetzten Seitengangs, dem Kruppeherein (Travers). Wird das Pferd Kruppehereinartig schief, dann korrigiere ich mit den Hilfen vom Schulterherein. Dazu brauche ich die Seitengänge, um tatsächlich Geraderichten zu können.

© Heike Bester-Dassler, Bester-RideArt

Bester RideArt - Heike Bester-Dassler

Hallo, ich bin Heike - Trainer, Coach und Autor für Pferde und Reiter. Ich liebe Pferde und Reiten über alles und mein Anliegen ist es meine Pferde bis ins hohe Alter Gesund zu Reiten und Artgerecht zu Halten. Ich liebe die Reitkunst von der Basisarbeit bis zur Versammlung, Bodenarbeit, Handarbeit, Longieren mit dem Kappzaum, die Arbeit am Langen Zügel und Zirkuslektionen. Ich bin Claus Penquitt-Trainerin und Mitglied der Ritterschaft der Akademischen Reitkunst von Bent Branderup durch Ablegung der Ritterprüfung, der Longenprüfung und der Handarbeitsprüfung. Ich bilde mich regelmäßig in Form von Seminaren bei qualifizierten Trainern weiter fort.

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